„Die Erklärung über die Bedeutung und den Wert von Universalmuseen“ ist eine internationale PR-Kampagne, die Eigentumsansprüche an musealen Sammlungen seitens beraubter Gesellschaften thematisiert. Sie war im Jahr 2002 von neunzehn Großmuseen aus Europa und Nordamerika verfasst und unterzeichnet worden, darunter auch von den Staatlichen Museen zu Berlin (siehe Karte). In ihr wird behauptet, dass durch Kauf, Tausch oder Aufteilung akquirierte Objekte ob ihrer langjährigen Präsenz in Museen zu deren Eigentum geworden seien. Vielen Kulturen käme heutzutage überhaupt nur deshalb so viel Aufmerksamkeit zu, weil internationale Großmuseen deren Kulturgüter einer breiten Masse zugänglich und sie dadurch zu Weltkulturerbe gemacht hätten. Da das Interesse ihres internationalen Publikums über dem einzelner Gesellschaften oder Nationen stehe, müssten die Universalmuseen im selbst erteilten Auftrag Rückgabeforderungen mit äußerster Skepsis begegnen.

         Indirekt beruft man sich in einer kurzen Ausführung über griechische Kultur wohl auf den Präzedenzfall der Elgin bzw. Parthenon Marbles. Das British Museum behauptet, diese würden heute nur noch wegen ihrer Überführung in dessen Obhut existieren, spart dabei jedoch deren fragwürdige Akquise durch einen Handel mit dem Osmanischen Reich als Besatzungsmacht Griechenlands aus. In der besagten Erklärung wird durch diesen subtilen Querverweis auf das Bewahren griechischen Kulturerbes eine neutrale, universalistische Position in der Restitutionsdebatte beansprucht. So unterschiedlich die Erwerbszusammenhänge ethnologischer Sammlungen aber sind, so wenig lassen sie sich verallgemeinern. Der geschichtliche Aspekt der gewaltsamen Aneignung vieler kultureller Objekte im Vorfeld ihrer Musealisierung durch Weiße wird in dieser Erklärung gänzlich ausgeblendet.

     „Die Erklärung über die Bedeutung und den Wert von Universalmuseen“ ist einer Kulturpolitik der daran beteiligten Großmuseen zuträglich, die darauf abzielt, ihre historischen Sammlungen in Zeiten postkolonialer Debatten vor Rückgabeforderungen abzusichern. Methodisch betrachtet handelt es sich dabei um eine Form der Diskursverschiebung. Das langjährige Verwalten von Museumssammlungen aus kolonialen Erwerbszusammenhängen wird im Kontext des Rebrandings dieser Institutionen zu Universalmuseen zum Anspruch auf Eigentum umgedeutet und Restitutionsfragen so als undemokratisch dargestellt. Propagiert wird dies mit stark affektiven Konzepten von Weltoffenheit, Humanismus und Universalismus. Zahlreiche Interessensgruppen von BIPoCs werden in diesem Manifest aus der zumal von ihnen selbst angestoßenen Debatte über Restitution und kulturelle Selbstbestimmtheit ausgeklammert.


Sie sehen auf dieser Karte die exklusive Verteilung der an der Universalmuseums-Erklärung beteiligten Institutionen im globalen Norden. Weiterführende Informationen:

Felicitas Qualmann:
https://voelkerrechtsblog.org/articles/dekoloniale-perspektiven-zu-berlins-humboldt-forum